Hallo Sam, hallo Leonie,
Sam‘s Schilderungen treffen es ins Schwarze! Ganz arg so schlimm waren die Züchtigungen durch meine Eltern aber nicht. Sie achteten stets darauf, dass an mir keine verräterischen körperlichen Spuren zu sehen blieben.
Einsperren in den Kartoffelkeller kam auch schon mal vor. Sie wussten nur zu gut, dass ich mich davor fürchtete, weil es dort unten von Mäusen nur so wimmelte. Hätten sie eine Schlangengrube gehabt, wäre ich wohl dort hinein geworfen worden.
Auch sehr beliebt war das nackt mit eiskaltem Wasser abspritzen, auf dass ich wieder zur Besinnung käme. Vor allem im Winter war das eine wahrlich nicht zu unterschätzende Massregelung!
Schlimmer noch als derartige Strafmassnahmen empfand ich die psychischen Grobheiten, welche ich teilweise bis heute nicht ganz verwinden konnte. Durch mein Herumtollen ums Haus als Dreikäsehoch hatte ich mir die Nase dreimal gebrochen, wodurch sie ziemlich platt deformiert war (inzwischen notdürftig repariert). Für meine „Erzieher“ war dieser Umstand hochwillkommen, denn es hiess fortan des öfteren: „schau in den Spiegel, dann siehst du, was du bist!“ Dasselbe Spiel wiederholte sich zu Beginn der Pubertät, als sich erste Pickel im Gesicht bemerkbar machten.
Mit der Einschulung kamen weitere erzieherische Gewaltmassnahmen auf mich zu. Der Meerrohrstock hing stets allgegenwärtig und griffbereit als Abschreckung an der Wand hinter der Lehrerin vom Typ alte Hexe. Vor Beginn des Unterrichtes hatten wir ABC-Schützen uns vor dem Lehrerpult in einer Reihe wie eine soldateske Ehrengarde hinzustellen. Dann wurde einer nach dem anderen einer genauen Musterung unterzogen, d.h. Zunge raus, Zähne geputzt, kein übler Geruch, kein Kaugummi? Dann ihr kritischer Blick in die Ohren, kein Ohrenschmalz? Umdrehen! Hals gewaschen? Haare sauber geschniegelt und gekämmt? Wehe, wenn etwas nicht in Ordnung war, denn dann kam besagter Stock zum Einsatz und der oder die Betreffende erhielt je nach Schwere der „Verfehlung“ einen oder mehrere Schläge über die Finger gebraten, und zwar so, dass er/sie zumindest bis zur Mittagspause seine Lektion nicht vergass.
Um auf ein Kernthema dieses Forums zu kommen: Windeln. Natürlich blieb es nicht aus, dass der eine oder andere von uns „Kadetten“ vor lauter Bammel vor einer Strafe sein Pippi nicht halten konnte. Dann kamen nebst spöttischen Blicken der Mitschüler selbstverständlich Mop und Eimer zum Einsatz, womit der Übeltäter zur Demütigung auf den Knien rutschend seine Ferkelei zu beseitigen hatte.
Ich erinnere mich, dass eine der Mitschülerinnen noch Stoffwindeln tragen durfte („Papierwindeln“ gab es Mitte der 50iger-Jahre noch nicht) und die deshalb von solchen Strafaktionen stets verschont geblieben ist. Auf welcher geheimen Abmachung zwischen ihren Eltern und dem Drachen diese einmalige Ausnahmebewilligung basierte, ist mir verschlossen geblieben. Geblieben und in mein Hirn eingebrannt haben sich jedoch die Vorteile, welche das Tragen und Verwenden von Windeln mit sich bringt, und sei es nur das Vermeiden von öffentlicher Demütigung. Schon damals hatte ich mir gewünscht, dereinst wieder Windeln tragen zu dürfen.
Es grüsst Euch alle lieben, gewindelten Leut,
der Plasticlover